Digitale Bauanträge, die elektronische Beteiligung weiterer Behörden und automatisierte Online-Baulastauskünfte eröffneten den Verfahrensbeteiligten ab Beginn der 2000er-Jahre die Möglichkeit zur medienbruchfreien Kommunikation – lange vor dem OZG.
Bereits Mitte der 1980er Jahre begann in der Stadt Herten eine stille Revolution: Die ersten Computer hielten Einzug in die Stadtverwaltung und veränderten die Abläufe grundlegend. Was zuvor ein papierintensiver, analoger Prozess war – geprägt von Checklisten, Wiedervorlagen und Aktenordnern – wurde Schritt für Schritt digital unterstützt. Anfangs diente die neue Technik ausschließlich der Terminverwaltung, doch rasch entwickelte sie sich zu einem zentralen Werkzeug für das gesamte Baugenehmigungsverfahren.
Die Nachricht über die Effizienzgewinne durch elektronische Datenverarbeitung verbreitete sich wie ein Leuchtfeuer: Die EDV konnte die Prozesse in deutschen Bauaufsichtsbehörden vereinfachen und beschleunigen. Herten wurde zum Vorreiter und zum Impulsgeber für eine neue Ära der Verwaltungsdigitalisierung.
Digitale Kommunikation – schon lange Realität
Mit dem Beginn der 2000er Jahre nahm die Digitalisierung der Baugenehmigung weiter Fahrt auf. Digitale Bauanträge, die elektronische Beteiligung weiterer Behörden und automatisierte Online-Baulastauskünfte eröffneten den Verfahrensbeteiligten erstmals die Möglichkeit zur medienbruchfreien Kommunikation. Die digitale Antragstellung war keine Vision mehr – sie wurde lange vor dem XBau-Standard gelebte Praxis. Diese Entwicklung war nicht etwa eine Folge des Onlinezugangsgesetzes (OZG), sondern ging ihm weit voraus. Die digitale Baugenehmigung ist somit kein neues Phänomen, sondern seit über zwei Jahrzehnten ein etablierter Bestandteil moderner Verwaltungsarbeit. Möglich wurde dies durch ein Lösungsportfolio, das frühzeitig auf die Bedürfnisse kommunaler Bauaufsichten reagierte und digitale Lösungen bereitstellte, die den gesamten Prozess abbilden können und dies auch über den Bescheid hinaus. Ein zentraler Erfolgsfaktor in der Entwicklung digitaler Baugenehmigungslösungen ist der konsequente Einbezug aller am Genehmigungsverfahren beteiligten Rollen – von Bauaufsichtsbehörden über Fachplaner bis hin zu Antragstellern. Dieses Vorgehen ermöglichte es, die Nutzerperspektive konsequent in den Mittelpunkt zu stellen und moderne, benutzerfreundliche Lösungen zu entwickeln und sorgt für eine bedarfsgerechte Innovation.
Once-Only
Ein zentrales Prinzip, das die digitale Baugenehmigung seit jeher prägt, ist „Once-Only“: Daten, die einmal erhoben wurden, müssen nicht erneut abgefragt werden. Dieses Prinzip ermöglicht eine durchgängige, medienbruchfreie Sachbearbeitung und entlastet sowohl Antragsteller als auch Behörden. Einen wichtigen Beitrag hierzu trägt der verbindlich zu verwendende XBau-Standard bei. Von der Übernahme der in der BundID hinterlegten Personendaten in die Antragsassistenten über die direkte Weiterverarbeitung in den Fachverfahren bis hin über die Mitteilung an andere berechtigte Behörden werden diese Daten über den gesamten Prozess sicher und medienbruchfrei transportiert. Die digitale Baugenehmigung ist damit nicht nur ein technisches Werkzeug, sondern ein organisatorisches Konzept, das Effizienz und Bürgerfreundlichkeit vereint.
Konsequent weiterdenken
Die Vision für die kommenden Jahre ist klar: Das Baugenehmigungsverfahren wird durch den Einsatz innovativer Technologien wie Building Information Modelling (BIM), Robotic Process Automation (RPA), Künstlicher Intelligenz (KI) und die konsequente Anwendung des Once-Only-Prinzips weiter vereinfacht und beschleunigt werden.
Projekterfahrungen
Bei allen Digitalisierungsprojekten, die seitens Prosoz in diesem Rahmen erfolgreich umgesetzt worden sind, haben sich die folgenden drei Erfolgsfaktoren als sehr bedeutsam herausgestellt: Zum einen liegt es an der transparenten, professionellen Projekt arbeit aller Beteiligten, zum anderen an der Anzahl der Projektpartner, die bewusst klein gehalten wurde und sich dadurch auszeichnet, dass neben der jeweiligen Kommunalverwaltung alles aus einer Hand angeboten und in enger Abstimmung mit der Verwaltung umgesetzt wird. Darüber hinaus spielt der kontinuierliche Wissenstransfer aus früheren Projekten eine wesentliche Rolle. So können Erfahrungen systematisch genutzt und künftige Vorhaben effizienter gestaltet werden.
Dabei geht es nicht um Digitalisierung um der Digitalisierung willen, sondern um die Schaffung eines intelligenten, vernetzten und nutzerfreundlichen Systems, das den Anforderungen moderner Stadtentwicklung gerecht wird.
Die digitale Baugenehmigung ist dabei nicht das Ziel, sondern der Weg – ein Weg, der bereits vor Jahrzehnten begonnen hat und heute aktueller ist denn je. Die digitale Baugenehmigung ist kein neues Kapitel, sondern ein fortlaufendes Buch mit vielen bereits geschriebenen Seiten. Sie zeigt exemplarisch, wie frühzeitige Investitionen in digitale Infrastruktur langfristige Wirkung entfalten können.
Herten war 1985 ein Pionier – und ist es heute, 40 Jahre später, immer noch. Die Geschichte der digitalen Baugenehmigung ist damit auch eine Geschichte von Kontinuität, Innovationskraft und dem Mut, Verwaltung neu zu denken.